Diabetes und Kinder 2024

///Diabetes und Kinder 2024
Diabetes und Kinder 2024 2024-06-05T13:35:00+00:00

Project Description

Fotos vom ÖDG Pressegespräch Diabetes und Kinder finden Sie hier.

O-Töne vom ÖDG Pressegespräch Diabetes und Kinder finden Sie im Anschluss an das Pressegespräch hier.

Fotos der Referent:innen

FOTO v.l.: Priv.-Doz. Dr. Elke Fröhlich-Reiterer, Medizinische Universität Graz, Ao.Univ.Prof. Dr. Birgit Rami-Merhar, MBA, Medizinische Universität Wien, Elisabeth Renner, Obfrau MOKI Steiermark, Leitung DiAB KIDS Diabetes Assistenz und Beratung, Diabetesberaterin, Priv.-Doz. Dr. Gersina Rega-Kaun, Erste Sekretärin der ÖDG, Klinik Ottakring, Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching, MBA, Präsident der ÖDG, Klinik Ottakring
(c) fotodienst / Anna Rauchenberger

Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching, MBA, Präsident der ÖDG und Abteilungsvorstand der 5. Medizinischen Abteilung mit Endokrinologie, Rheumatologie und Akutgeriatrie der Klinik Ottakring der Stadt Wien; Copyright: Wild und Team Salzburg

Priv.-Doz.in Dr.in Gersina Rega-Kaun, erste Sekretärin der ÖDG und Leiterin der Lipidambulanz an der 5. Medizinischen Abteilung der Klinik Ottakring
Copyright: Wild und Team Salzburg

Ao. Univ-Prof.in Dr.in Birgit Rami-Merhar, MBA, von der Medizinischen Universität Wien, leitet die Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche im AKH
Copyright: privat

Priv.-Doz.in Dr.in Elke Fröhlich-Reiterer von der Medizinischen Universität Graz ist Leiterin des Bereichs Diabetes und Endokrinologie der Univ. Klinik Kinder- und Jugendheilkunde Graz und ebenfalls im Vorstand der ÖDG
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Elisabeth Renner, Obfrau MOKI Steiermark, leitet DiAB KIDS Diabetes Assistenz & Beratung
Copyright: Privat

Diabetes bei Kindern und Jugendlichen: Versorgung mit knappen Ressourcen

Wien, 5. Juni 2024Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) weist heute in einem Pressegespräch auf die prekäre Versorgungslage für Kinder und Jugendliche mit Diabetes hin. Es gibt zu wenige Personalstellen für die multidisziplinäre Betreuung in den Spezialzentren mit Ambulanz. Die zusätzlich erforderliche mobile Betreuung ist nur in einem Bundesland vollständig umgesetzt. Gerade bei Kindern, deren Betreuung und langfristige gesunde Zukunft von dieser Versorgung abhängt, darf nicht gespart werden.

Diabetes mellitus Typ 1 ist eine Autoimmunerkrankung, die zu einem Insulinmangel führt. Sie betrifft häufig Kinder und Jugendliche und sollte nicht mit der Volkskrankheit Diabetes mellitus Typ 2 verwechselt werden. In Österreich sind rund 3.500 junge Menschen bis 14 Jahre von der Erkrankung betroffen. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Diabetes Typ 1 steigt seit Jahrzehnten kontinuierlich an.

Eine Krankheit, die fordert

Prim. Univ.-Prof. Dr. Peter Fasching, MBA, Präsident der ÖDG und Abteilungsvorstand der 5. Medizinischen Abteilung mit Endokrinologie, Rheumatologie und Akutgeriatrie der Klinik Ottakring der Stadt Wien, erklärt: „Die jungen Menschen müssen mit einer Insulintherapie umgehen lernen, die sie ihr gesamtes Leben begleiten wird. Das bedeutet für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für deren gesamte Familie, dass sie ein komplexes Selbstmanagement in ihr Leben integrieren müssen. Dafür brauchen diese Familien alle Unterstützung, die sie bekommen können und die Österreichische Diabetes Gesellschaft ruft heute alle Entscheider im Gesundheitswesen dazu auf, an dieser Unterstützung mitzuwirken.“

Ao. Univ-Prof.in Dr.in Birgit Rami-Merhar, MBA, von der Medizinischen Universität Wien, leitet die Diabetesambulanz für Kinder und Jugendliche im AKH und ergänzt: „Es ist wichtig Kindern und Jugendlichen einen guten Start in ihr weiteres Leben zu ermöglichen. Für Kinder mit Diabetes mellitus Typ 1 bedeutet dies: Dass ihre Blutzuckerwerte möglichst immer im Normbereich liegen sollten. Ein wichtiger Zielwert ist der Langzeitzuckerwert HbA1c, der unter 7 % liegen sollte. Die Zeit im Zielbereich (Time in Range = TIR) ist ein spezifischer Parameter der kontinuierlichen Glukosemessung. Dieser sollte bei zumindest >70% liegen. Diese Werte sind entscheidend, um Spätkomplikationen zu vermeiden und Akutkomplikationen vorzubeugen. Leider erreichen wir diese Zielwerte heute nicht und damit bleibt das Kindesalter bei der Diagnose Diabetes mellitus Typ 1 momentan noch ein Risikofaktor für eine verkürzte Lebenserwartung.“

Es fehlen Personalstellen und nicht Personen

Rami-Merhar, die eine Umfrage unter allen 34 österreichischen, pädiatrischen Diabeteszentren, die Kinder und Jugendliche betreuen, durchgeführt hat, betont: „Diabetes mellitus Typ 1 ist eine komplexe Erkrankung und es bedarf multidisziplinärer Teams, um diese gut zu managen. In der Fachliteratur gibt es klare Zahlen wie ein multidisziplinäres Team auszusehen hat, das 100 Kinder und Jugendliche mit Diabetes betreut. Es besteht aus 1 Kinderärzt:in mit Diabetologischer Zusatzausbildung, 1 Diabetesberater:in, 0,3 Vollzeitäquivalente für Psychologie sowie Kinderkrankenpflege, einer halben Stelle für eine Fachkraft für Ernährung und 20% einer sozialarbeiterischen Vollzeitstelle, sowie einer administrativen Unterstützung. Diese Zahlen erreichen wir in keinem einzigen der 34 pädiatrischen Diabeteszentren in Österreich. In unserer Umfrage unter den Zentren zeigt sich sogar, dass in fast allen Fällen nicht einmal die Hälfte der – laut Leitlinien – notwendigen Stellen zur Verfügung stehen. Ich möchte betonen, dass es dabei nicht um den generellen Personalmangel im Gesundheitsbereich geht, sondern einfach die Stellen nie geschaffen wurden.“

Überschaubare Kosten für eine hohe Verantwortung

Rami-Merhar führt aus: „Für die 3.500 Kinder unter 14 Jahren mit Diabetes mellitus Typ 1 bedeutet die leitlinienkonforme Betreuung in Österreich die Erweiterung der Planstellen auf 35 Kinderärzt:innen/Diabetolog:innen, 35 Diabetesberater:innen, 12 Psycholog:innen und 12 Kinderkrankenpflegepersonen sowie 17 Fachkräfte für Ernährung und 7 Sozialarbeiter:innen. Dies ist keine Herausforderung für das Gesundheitssystem, aber für diese jungen Patient:innen entscheidend für deren gesunde Zukunft.“

Mobile Betreuung hilft in der Familie

Ein ganz besonderes Nadelöhr ist die mobile Betreuung, die in Österreich bis jetzt nur in Wien in einen Regelbetrieb übergeführt ist. In der Steiermark gibt es aktuell ein Pilotprojekt DiAB-Kids, das aber trotz hervorragender Evaluationsergebnisse bisher nicht regelfinanziert wird.

Priv.-Doz.in Dr.in Elke Fröhlich-Reiterer von der Medizinischen Universität Graz ist Leiterin des Bereichs Diabetes und Endokrinologie der Univ. Klinik Kinder- und Jugendheilkunde Graz und ebenfalls im Vorstand der ÖDG. Sie betont: „Die mobile Betreuung erfüllt eine essenzielle Rolle in der Versorgung von Kindern mit Diabetes und entlastet auch die Diabetes-Ambulanzen an den Spitälern. Sie unterstützt Familien zuhause, dort wo sie lernen müssen, die Diabetestherapie und alle neuen Abläufe in ihr Familienleben zu integrieren. Dies ist gerade bei Familien aus benachteiligten Bevölkerungsgruppen, in denen es an Geld und Zeit oder auch an Bildung oder Sprachbeherrschung mangelt, besonders wichtig. Unsere Evaluationsergebnisse zeigen aber genauso deutlich, dass auch Familien mit einer stabilen sozialen Lage und allen Voraussetzungen von der mobilen Betreuung profitieren, auch wenn diese vielleicht weniger Termine benötigen.“

Elisabeth Renner, Obfrau MOKI Steiermark, leitet DiAB KIDS Diabetes Assistenz & Beratung und ergänzt: „Die Diagnose Diabetes mellitus Typ 1 bei einem Kind fordert die ganze Familie und das gesamte Umfeld. Bis der Alltag zur neuen Normalität mit der Erkrankung wird, kann es dauern. Wir unterstützen die Kinder und deren Familie beim Ankommen zuhause, um einen guten Rhythmus und Sicherheit im Alltag zu bekommen.“

Die bisherige Evaluierung des Pilotprojekts und des siebenjährigen Vorläuferprojekts, das auf Spendenbasis finanziert wurde, zeigt, dass Spitalsaufenthalte verkürzt wurden und sehr positives Feedback von den Familiensystemen und externen Betreuungseinrichtungen gegeben wurde.

Mobile Betreuung unterstützt in Kindergarten Hort und Schule

Die Mobile Betreuung schult auch Pädagog:innen in Kindergarten, Volksschule und Hort, um dem Kind und seinem Umfeld einen guten Start außerhalb der Familie zu ermöglichen. Hier zeigt die Evaluation eine bessere Integration der Kinder in die Gruppen und Klassen und gleichzeitig konnte den Pädagog:innen die Angst vor der komplexen und unbekannten Krankheit genommen werden. Oft sind nur wenige Besuche einer Diabetesberater:in vor Ort notwendig, um große Probleme im Miteinander zu vermeiden und vor allem einer Stigmatisierung des Kindes entgegenzuwirken.

Renner ergänzt: „Personell werden die Familien und externen Bildungseinrichtungen von Kinderkrankenpflegepersonen versorgt, die zusätzlich auch noch eine zweisemestrige Zusatzausbildung für Diabetes absolviert haben. Das Pilotprojekt ist für dieses Jahr budgetiert und deckt fast die gesamte Steiermark – das ganze Einzugsgebiet der Medizinischen Universität Graz – ab. Auch hier sprechen wir nicht von hohen Summen, wenn wir eine flächendeckende Versorgung im Bundesland oder österreichweit fordern.“

Technik macht das Leben leichter und muss gelernt werden

„Die technischen Hilfsmittel in der Diabetestherapie, wie Glukosesensoren und Insulinpumpen bis hin zu Hybrid-Closed-Loop Systemen, werden bei Menschen mit Typ 1 Diabetes mellitus aller Altersgruppen immer breiter angewandt, sodass blutiges Messen und aktives Spritzen mit Nadeln und Pens immer seltener notwendig werden“, betont Priv.-Doz.in Dr.in Gersina Rega-Kaun, erste Sekretärin der ÖDG und internistische Oberärztin an der 5. Medizinischen Abteilung der Klinik Ottakring, und führt weiter aus: „Diese innovativen Errungenschaften erleichtern das Leben und sichern eine kontinuierliche Glukoseüberwachung und Diabetestherapie. Sogar in der Notfallbehandlung kann nun auch ohne Pen leicht und unblutig von Betreuungspersonen geholfen werden. Aber jede Technik muss auch gelernt und verstanden werden.“

Auch in der Transition fehlen die Stellen

Rega-Kaun betont das Thema Transition, also den strukturierten und sicheren Übergang von der Kinderheilkunde in das System der sogenannten Erwachsenen-Medizin: „In der Diabetologie haben wir kein Problem mit der Zusammenarbeit zwischen Pädiater:innen und Diabetolog:innen, da beide Seiten den erhöhten Erklärungs- und Schulungsbedarf kennen und verstehen. Aber auch hier kämpfen wir um mehr Planstellen. Gerade die Jugend ist eine Zeit, in der zu den physischen und organisatorischen Herausforderungen der Krankheit noch andere Faktoren relevant werden, die den Umgang mit den medizinischen Anforderungen erschweren. Wir beobachten Insulinmanipulation, Essstörungen, Depressionen und Ängste. Hinzu kommen mögliche psychosoziale Schwierigkeiten. All das erfordert auch wieder ein starkes multidisziplinäres Team, das Diabetolog:innen, Psycholog:innen, Sozialarbeiter:innen, diabetologisch geschulte Pflegefachkräfte und Diätolog:innen umfasst. Darum fordert die Österreichische Diabetes Gesellschaft eine Erweiterung der Planstellen in allen Bereichen der Versorgung von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit Diabetes mellitus Typ 1 – von der ersten Diagnose, über die Betreuung im pädiatrischen Diabeteszentrum und zuhause bis zur Transition in die Erwachsenen-Medizin.“

Über die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG)

Die Österreichische Diabetes Gesellschaft (ÖDG) ist die ärztlich-wissenschaftliche Fachgesellschaft der österreichischen Diabetes-Experten:innen. Ordentliche Mitglieder der Gesellschaft sind Ärzt:innen und wissenschaftlich einschlägig orientierte Akademiker:innen. Assoziierte Mitglieder sind Diabetesberater:innen und Diätolog:innen. Die Österreichische Diabetes Gesellschaft sieht es als ihre Aufgabe, die Gesundheit und Lebensqualität von Menschen mit Diabetes mellitus zu verbessern. Sie setzt sich daher für die Anliegen der Betroffenen ein. Sie fordert und fördert die stetige Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Diabetes mellitus. Sie unterstützt die Forschung und verbreitet wissenschaftliche Erkenntnisse aller den Diabetes berührenden Fachgebiete sowohl zur Verbesserung der medizinischen Betreuung als auch zur bestmöglichen Vorbeugung von Neuerkrankungen.
Informationen über die Aktivitäten der ÖDG finden Sie unter www.oedg.at

Rückfragehinweis:
Public Health PR
Mag. Michael Leitner, MAS
Tel.: 01/60 20 530/91
Mail: michael.leitner@publichealth.at

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